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Barrierefreiheit nach Richtlinien erarbeiten – na und?

Man kennt das schon über die Jahre. Geht es darum, Barrierefreiheit umzusetzen, wird immer gleich argumentativ aufs Ganze gesetzt. Jürgen Liechtenecker setzt in seinem Artikel Barrierefreie Webseiten, wie es wirklich geht? genau da an: am offensichtlichsten Stein des Anstoßes – der Gesetzgebung.

Gerade weil sehr viel Wissen und Unwissen über den Aufbau zugänglicher Webseiten herrscht, brauchen wir mindestens ein WCAG 2.

Mir kommt die Fragestellung, ist Barrierefreiheit nun nur eine Empfehlung oder schon Gesetz – ganz abgesehen von der ganz realen Diskriminierungsfrage -, immer so vor, als ob man noch nach irgendwelchen Schlupflöchern sucht, wo man sich rauswinden kann. Es müsste doch reichen, wenn die WCAG 2 als Recommendation schlicht auf dem Webentwicklertisch liegt. Oder fragen wir wirklich danach, dass HTML 5 noch keine Recommendation ist? Tun wir nicht, wir versuchen uns am Laufenden zu halten und was geht, auch umzusetzen. Oder warten wir erst darauf, dass die konsequente Umsetzung von Webstandards gesetzliche Pflicht wird? Schön wär’s. 🙂 Und wichtig wäre auch das allemal. Dass wir bei der Umsetzung von Barrierefreiheit die gesetzliche Keule einsetzen müssen, ist traurig genug, aber wie überall im Leben, scheint es dieser halt zu bedürfen. Sonst bewegt sich nichts.

Und: Das WCAG 2 ist noch nicht mal Gesetzgebung, nur Handlungsanweisung – sicherlich dann für uns Webentwickler ebenso Pflicht wie jede andere Spezifikation – vom sehr Allgemeinen bis zum technisch höchst Konkreten. Und: Das Ganz-Konkrete müsste uns als Entwickler doch schließlich und endlich reizen. Im Gegensatz zum WCAG 1.0 ist die zweier Version schon fast überbordend konkret in der Umsetzung. Um einen ausgelatschten IKEA-Spruch hier anzubringen: Entdecken wir doch endlich die Möglichkeiten! Als sich ständig darüber zu unterhalten, muss ich das jetzt barrierefrei umsetzen, weil da ist zwar das WCAG 2 als Empfehlung, aber was heißt das schon. Ist das auch gesetzlich notwendig?

Barrierefreie Umsetzungen – gerade wenn man die englischsprachige Szene verfolgt – ist spannend und kontrovers, und die Themen wie HTML 5 und Barrierefreiheit sind da gleich mit im Gespräch. Man spürt da einfach eine andere Selbstverständlichkeit, eine andere Alltagspraxis. Das würde ich mir für den deutschsprachigen Raum auch endlich wünschen. Und ich fürchte, es bringt nichts – das hat das WCAG 1.0 schon versucht -, das barrierefreie Mysterium durch beispielhafte Erklärungen und einfache Informationen aufzubrechen – wie Liechtenecker einfordert. Vor allem, weil das WCAG 2 das in seiner inhaltlichen Stufigkeit durchaus schon zu realisieren versucht. Erst wenn der Webentwickler ganz real gefragt ist, dann wird es technisch ausgefeilt und auch diskussionswürdig. Aber von dem erwarten wir ja auch, dass er die unterschiedlichen Alternativen und Lösungsansätze nachvollziehen kann. Vom Budgetgeber oder Projektleiter erwarten wir das nicht, hier reichen dann die bewusst allgemein gehaltenen Forderungen. Wie man die dann konkret umsetzt, dafür ist der Webentwickler zuständig und der hat mit den technischen Dokumenten des WCAG 2 freilich ne ganze Weile Stoff. Sieht man sich etwa die Aktualisierung der BIK hinsichtlich ihres BITV-Tests an, kann man da schon sehr gut mitlesen, was es bedeutet die Techniken des WCAG 2 real umzusetzen und zu testen. Das ist einfach schon ein ganz anderer Schnack als das WCAG 1.0. Und ich freu‘ mich drüber. 🙂

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