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Die Webprärie und ihre Kritik: ein abgehalfterter Blick

Der Deutschen Mulitmedia Awards (DMA) steht weiterhin im Zeichen der Kritik. Nach der Codekritik von Jens Grochtdreis versucht nun Gerrit van Aaken mit Killt die Killer-Websites! die kreative Zunft dort zu packen, wo es ihnen am wehsten tut: bei ihrer Coolness, die sich gerne kreativ verspielt, aber letztlich in ihren Arbeiten zu oft selbst beschränkt.

Man kann Gerrit durchaus nur zustimmen – ich denke jeder von uns hat so seine Erfahrungen mit Kreativen – für mich sind es dann eher die Designer – , die einem gerne täglich auf die wunderbar andere Welt der coolen, hippen Seiten aufmerksam machen. Als wüsste man nicht selbst genau, es gibt auch noch etwas außerhalb von Auftritt xy, Anwendung ab und Microsite def.

Klar ist diese Flashlastigkeit des DMA nicht sonderlich spannend – weil auch oft wirklich unnötig, da wäre eine herkömmliche HTML-Seite durchaus genauso realisierbar gewesen. Andererseits ist – meiner Meinung nach – nicht viel andres von einem Multimedia-Award zu erwarten. An Flash denkt man da sofort, aber im Grunde ist das schon wieder zu old-fashioned, nur an Flash zu denken, da hinken die Preisträger quasi schon wieder hinterher. So wichtig und rhetorisch packend Gerrits Kritik ist, wichtiger erscheint mir dennoch der Blick unter die Haube von Jens.

Die Frage, die sich mir nach Gerrits Kritik stellt, ist nicht so sehr, ob weniger wie auch immer kreative Flash-Seiten erstellt werden sollen, sondern wie sieht es konkret mit unserem beinah schon abgehalfterten Blick auf Webseiten aus, die wir täglich durchaus semantisch und webstandardskonform optimiert in die weite Webprärie entlassen? Ähnliches war auf dem Best-Practice-Stammtisch in Essen letzthin zu hören: Sind wir nicht doch auch schon etwas betriebsblind gegenüber unseren eigenen Arbeiten? Müssen Navigationen so sein, wie sie eben sind, müssen Portale immer genauso spaltig aussehen?

Gut, ich würde auch sagen, Standards zu brechen, muss nicht wirklich sein. Darum geht es auch nicht, denke ich. Es geht darum, dass man mittlerweile zu wenig ausbricht, sich auch auf eine Weise selbst beschränkt über die Jahre. Da wären wir dann sozusagen das Pendant zum Kreativen, die wir höchste Semantik und Webstandards quasi aus dem Effeff erstellen, aber mitunter eine gewisse spontane Coolness verloren haben.

Im Grunde mag ich es dann doch, wenn mich der Kreative immer mal wieder auf Andres – wie auch immer Neues – stößt, das mag auch mal was an Flash sein. Denn ganz im Gegensatz zu Gerrit, der diesen kritischen Blick auf seine Zunft hat, habe ich nur diesen auf meine Zunft, den Frontend-Entwickler, und der sollte lieber öfter über den täglichen Entwickler-Tellerrand gucken. Auch wenn ich den Kreativen oft auch belächle, wenn er mir die x-te total coole und abgefahrene Variante eines Marken-Labels zeigt und mich fragt, wie machen die das nur und ich dann oft nur sagen kann, gut die kochen auch nur mit Wasser, aber mit sehr viel, bleibt da doch immer noch so ein kleiner Imaginationsrest, der mir kurz zeigt, ja – da fehlt auch in meiner Arbeit was über die Jahre.

Mit einem Romantiker wie Schlegel könnte man sagen, dieser Imaginationsrest ist jene Stärke der Einbildungskraft – auch so ein Kraftbegriff der Romantiker 🙂 -, wenn man am Endpunkt angelangt ist, diesen zu überspringen. Einen kurzen Moment wird dann quasi eine Überblendung vorgenommen – diesen kurzen Moment mag ich, wenn der Kreative mir seine Sensationen vorführt. Und sei es eine verdammte Flash-Seite. 🙂

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